Lucien Febvre - Biographie

Lucien Paul Febvre wurde am 22. Juli 1878 in Nancy geboren. In der Hauptstadt des Elsass, in der sein Vater Gymnasiallehrer war, verbrachte er auch die ersten Jahre seines Lebens. Später ging Febvre an die Pariser Eliteschule Lycée Louis–le-Grand. 1898 gelang ihm die Aufnahme an der École Normale Supérieure, wo er Geschichte und Geographie studierte. Hier bildete sich seine politische Überzeugung zum Sozialisten aus, wenngleich Febvre sich eher in der Tradition des französischen Sozialphilosophen Pierre Joseph Proudhonds (1809-1865) als in einer marxistischen Tradition sah. Gleichzeitig prägte es auch seine Auffassung der Geschichte. Nach seinem Studium schrieb Febvre eine Reihe von Artikeln für sozialistische Wochen- und Monatsblätter, wie die Socialiste Comtois. Es folgten kleinere Anstellungen in Bar-le-Duc und Besançon, sowie ein dreijähriges Stipendiat der Fondation Thiers.

1911 schloss Febvre seine Dissertation über Philippe II. und die Freigrafschaft Burgund ab, und lehrte ab 1912 Geschichte und Kunstgeschichte Burgunds an der philosophischen Fakultät in Dijon. Zwischen 1914 und 1918 leistete er Kriegsdienst. 1919 wurde er von seinem Lehrer Charles Pfister an die Universität Straßburg berufen. Die Straßburger Zeit legte den Grundstein für die sogenannte Annales-Schule. Er lernte Marc Bloch kennen sowie viele Forscher aus anderen Disziplinen, mit denen er in diesen Jahren kooperierte wie den Soziologien Maurice Halbwachs oder den Psychologen Charles Blondes. 1929 gründete Febvre zusammen mit Marc Bloch die Zeitschrift Annales. 1933 erhielt er den Lehrstuhl für allgemeine Geschichte und Methodenlehre am Collège de France in Paris. Seit 1935 leitete er auch die Herausgabe der Französischen Enzyklopädie, die wie die Vorbilder des 18. Jahrhunderts das gesamte erarbeitete wissenschaftliche Wissen repräsentieren sollte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkte Febvre sein politisches Engagement. Er wurde Vizepräsident der Kommission Langevin-Wallon zur Reform des Bildungswesens und vertrat in den Jahren 1945 bis 1950 Frankreich in der UNESCO. 1948 wurde Febvre Leiter der neu gegründeten historisch-sozialwissenschaftlichen Abteilung an der École Practique des Hautes Études, der sogenannten Sixième Section, die in den folgenden Jahrzehnten zum institutionellen Hintergrund der Annales-Schule wurde. Zusammen mit seinem Schüler Fernand Braudel baute er sie zu einer transdisziplinären Forschungsinstitution aus, in der unter Dominanz der Geschichtswissenschaft die Geistes- und Sozialwissenschaften kooperier sollten. 1956 starb Lucien Febvre im Familienwohnsitz Le Souget bei Saint-Amder.