These(n) und Hypothese(n)

In bestimmten Situationen, beispielsweise als Begleitpapier zu einem Referat bzw. Vortrag, oder in einem kurzen schriftlichen Text wird erwartet, dass die Ergebnisse der eigenen Forschungsarbeit kurz und prägnant zusammengefasst werden. Diese spezifische Form der textlichen Darstellung nennt man Thesen. Diese werden in Form vollständiger Sätze formuliert und benennen kurz und präzise die wichtigsten Ergebnisse der vorzustellenden Forschungsarbeit, wobei die Thesen sowohl die empirischen Ergebnisse wie die argumentativen Zusammenhänge, in denen diese entwickelt wurden, benennen. Thesen vermitteln mithin nicht nur historische Fakten, sondern formulieren das erarbeitete Interpretationswissen unter gleichzeitiger Angabe des methodisch-theoretischen Kontextes, in dem diese erarbeitet worden sind.

Hypothesen haben dagegen einen anderen Wissensstatus. Sie folgen in der Form jenen Prinzipien, die für Thesen im vorherigen Absatz formuliert wurden, werden aber als erwartete Ergebnisse, d.h. als Erklärungen für Phänomene, formuliert, bevor sie empirisch erarbeitet worden sind. In einem Projektantrag, etwa bei einem Antrag auf ein Promotionsstipendium, werden die erwarteten Ergebnisse auf möglichst hohem Interpretationsniveau als Hypothesen formuliert. Je genauer diese angegeben werden und je breiter sie in den Forschungsstand eingegliedert werden, desto leichter ist es für Gutachter und Gutachterinnen, die Bedeutung des jeweiligen Forschungsvorhabens, seine Relevanz und damit seine Förderungswürdigkeit, zu bewerten. Andererseits müssen die Hypothesen mit den anderen Faktoren des Forschungsdesigns in einem ausgewogenen Zusammenhang stehen. Es ist sehr leicht für erfahrene wissenschaftliche Gutachter und Gutachterinnen abzuschätzen, ob die angegebenen Hypothesen tatsächlich mittels des entworfenen Zeitplans, des gewählten methodischen Vorgehens und des zu untersuchenden Quellenkorpus verifizierbar sind.

Stefan Haas