Women’s Studies

Die Women’s Studies entstanden im Kontext der Frauenbewegung in den späten sechziger und in den siebziger Jahren zunächst in den USA und in Großbritannien. Ihr Interesse galt den gesellschaftlichen und ideologischen Ursachen des hierarchischen Verhältnisses der Geschlechter. Patriarchatsforschung, marxistischer Feminismus sowie psychoanalytische Ansätze sahen die Ungleichheit der Geschlechter im männlichen Wunsch begründet, die Entfremdung von den Mitteln der Reproduktion zu kompensieren. Sie betrachteten sie als Nebenprodukt der sich wandelnden Produktionsverhältnisse bzw. siedelten ihre Ursachen auf dem Gebiet der männlichen und weiblichen Identitätsbildung an (vgl. Scott in Literaturangaben).

Dabei begreifen die feministischen Theoretikerinnen Weiblichkeit nicht im Sinne von gender als soziokulturelles Konstrukt. Vielmehr dient ‚Weiblichkeit’ im theoretischen Rahmen der Women's Studies der positiven Identifikation und der Selbstvergewisserung von Frauen. Damit erfolgte nicht nur eine Abgrenzung gegenüber der männlich geprägten Wissenschaft, sondern es wurde auch ein neuer wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand etabliert: die Frauen in der Geschichte. Das Postulat einer allen Frauen gemeinsamen Identität stieß aber bald auf Kritik: Vertreterinnen verschiedener Minoritätengruppen in den USA und der sogenannten Dritten Welt bezeichneten vor dem Hintergrund eigenen Erlebens ethnischer oder sozialer Benachteiligung und Diskriminierung die unterstellte Allgemeinheit weiblicher Unterdrückung als ungerechtfertigte Universalisierung der Erfahrungen weißer Mittelklasse-Frauen.

Konsequenz dieser Kritik war ein neuer Ansatz: die Gender Studies, welche mit dem sex-gender-System eine neue Sicht auf die Geschlechterdifferenz brachte. Mit der Abkoppelung von des sozialen vom biologischen Geschlecht begriff man die Geschlechterdifferenz als kulturelles Konstrukt, das hierarchische Verhältnis der Geschlechter als historisch und somit wandelbar. Insofern stehen die Gender Studies bezüglich ihres Erkenntnisinteresses, der Kritik des hierarchischen Verhältnisses der Geschlechter, in Kontinuität zu den Women's Studies.

Kerstin Ciba

LITERATUR

Hof, Renate: Die Entwicklung der Gender Studies, in: Hadumod Bußmann/dies. (Hg.), Genus - zur Geschlechterdifferenz in den Kulturwissenschaften, Stuttgart 1995, S. 3-33.

Scott, Joan W.: Gender. Eine nützliche Kategorie der historischen Analyse, in: Texte zur Literaturtheorie der Gegenwart, hg. und kommentiert von Dorothee Kimmich, Rolf Günter Renner und Bernd Stiegler, Stuttgart 1996, S. 416-440.