Jacques Lacan - Biographie

Der französische Psychoanalytiker Jacques-Marie Émile Lacan wurde am 13. April 1901 in Paris geboren. Während des Medizinstudiums begann er im klassischen Stil 1926 eine klinische Ausbildung als Neurologe und Psychiater. Seine Doktorarbeit Über die paranoide Psychose in ihren Beziehungen zur Persönlichkeit veröffentlichte er 1932. Lacan war seit 1934 in der Neuropsychiatrie tätig und schloss sich der Société Psychanalytique de Paris (SPP) an. Auf dem 14. Internationalen Kongress für Psychoanalyse in Marienbad im August 1936 referierte Lacan zum ersten Mal über Das Spiegelstadium, sein dekonstruktivistisches Modell der Genese des Ich.

Während der Zeit der Besatzung, in der die deutsche Administration in Frankreich der Psychoanalyse ablehnend gegenüberstand, knüpfte er Beziehungen zu anderen Intellektuellen in Paris, von denen einige seine privaten Patienten wurden, wie zum Beispiel Pablo Picasso. Um nach dem Krieg an die internationale Entwicklung wiederum Anschluss zu erhalten, studierte Lacan im September 1945 England die dortige aktuelle Praxis der Psychiatrie.

Lacans unkonventionelle Methoden, vor allem seine „Kurzsitzungen“, wurden zum Streitthema in der SPP. Trotz starker Kritik wurde Lacan Ende 1952 Direktor am neugegründeten Institut de Psychanalyse de Paris der SPP. 1953 wurde er Präsident des Pariser Psychoanalytikerverbandes, verließ diesen jedoch bereits sechs Monate später und schloss sich der neu gegründeten und noch nicht anerkannten SFP (Société Française de Psychanalyse) an. Damit verlor er aber seine Mitgliedschaft in der International Psychoanalytical Association.

Im November 1953 begann Lacan mit seiner berühmten öffentlichen Seminarreihe über Freuds Schriften, die er kontinuierlich bis 1980 durchführte. 1963 veröffentlichte er die Reihe Le champ freudien. Im selben Jahr erhielt er einen Lehrauftrag an der Ècole Pratique des Hautes Études, verließ die SFP und gründete 1964 seine eigene Schule, die in den 1970er Jahren stark rezipierte École freudienne de Paris (EFP). Lacan wurde 1974 wissenschaftlicher Direktor des Fachbereichs für Psychoanalyse an der Reformuniversität Vincennes, der fortan mit ironischer Note Le champ freudien genannt wurde. Lacan betrieb zwar einerseits eine Schulbildung, war aber andererseits nicht in der Lage, die von ihm begründeten Institutionen von seiner Person zu lösen. Als er durch eine Erkrankung nicht mehr in der Lage war, seine Schule weiterzuführen, wurde sie 1980 auf seinen Wunsch hin aufgelöst.

Am 9. September 1981 starb der Psychoanalytiker und Schriftsteller, der sich selbst stets bescheiden als „Freudianer“ bezeichnet hatte und dennoch einen wahren Lacanierkult ausgelöst hatte. Wie kaum ein anderer in der Nachfolge Freuds hatte Lacan die Psychoanalyse verändert. Die Auseinandersetzung um sein Werk dauert noch an.

Miriam Schall/Modifikationen Herausgeberteam